Beim Militär, bei Startups, Mittelständlern und börsennotierten Konzernen hat Jan H. Heinen unterschiedlichste Organisationen und Strukturen kennengelernt. Im WB Risk Prevention Systems Team steuert er jahrelange operative Erfahrungen im Krisenmanagement bei.
Seit Anfang 2020 hält die SARS-CoV-2-Pandemie die Welt in Atem. Welche Lehren ziehen Sie als erfahrener Krisenmanager aus dieser Katastrophe, aus persönlicher, aber auch aus unternehmerischer Sicht?
Jan H. Heinen: Privat ist die Pandemie ein Beschleuniger in Richtung Entschleunigung. Man kommt etwas herunter, natürlich auch, weil man zum Beispiel weniger reist. Beruflich und geschäftlich ist es ein Katalysator in Richtung Risikobewusstsein. Man wird sich der Gefahren stärker bewusst, die unsichtbar, aber trotzdem da sind. Die Analogie zu unserem Hausarztmodell und einem Gesundheits-Check passt hier sehr gut. Es gibt lebensbedrohende Risiken, die nicht offensichtlich sind, über die man aber nachdenken sollte. Da wollen wir einen Beitrag leisten und für die Unternehmen Sparringspartner sein. Wir wollen unseren Kunden das Bewusstsein vermitteln und gemeinsam überlegen, welche Gefährdungen bestehen oder ihnen helfen, bei bereits bestehenden Problemen, diese zu lösen. Ich kenne zum Beispiel GmbH-Geschäftsführer, die sich nicht im Klaren darüber waren, dass bei einem Organisationsverschulden unter Umständen der Geschäftsführer auch privat haftet. Im Schadensfall prüfen Gerichte regelmäßig, ob ein Unternehmen alle zur Schadensvermeidung erforderlichen Maßnahmen ergriffen und eigehalten hat.
Im WB Risk Prevention Systems Team blicken alle Partner auf jahrzehntelange Erfahrungen mit Krisen zurück. Aber jeder bringt auch eine gewisse Spezialisierung mit. Worauf liegt Ihr Fokus?
Heinen: Mein Fokus liegt darauf, in Unternehmen Chancen und Risiken zu erkennen und gemeinsam mit dem Management entsprechend zu handeln. In meiner langjährigen Verantwortung für das Operational Internal Audit bin ich sehr stark in die Strukturen von Unternehmen im Mittelstand wie auch in börsennotierten Unternehmen hereingegangen und habe mir die Abläufe in den einzelnen Bereichen, etwa Einkauf, Fertigung, Finanzen, aber auch bereichsübergreifend angeschaut. Im Mittelpunkt stehen neben Strukturen vor allem immer die Menschen vor Ort, wie sie miteinander umgehen und welche Tools sie an der Hand haben, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Darüber hinaus habe ich mich in der Unternehmensentwicklung um die Erstellung und Umsetzung von Strategien gekümmert und war dort oft auch auf operativer Ebene unterwegs. In unserem Team sind wir sehr agil und unterstützen uns gegenseitig. Wir entscheiden situativ, wer in welchem Team am besten für eine Aufgabe geeignet ist. Und wie im Fußball kann die Mannschaft auch während des Spiels wechseln, sollte die Lage dies erfordern.
Sie waren zehn Jahre bei der Bundeswehr, ließen sich zum Offizier ausbilden und schlossen parallel ihr Studium zum Diplom-Kaufmann ab. Was haben Sie beim Militär für Ihre Tätigkeit als Krisenmanager in der Wirtschaft gelernt?
Heinen: Risikoprävention und -management begleiten mich schon mein gesamtes Berufsleben. In der Führungskräfteausbildung der Bundeswehr durchläuft man die unterschiedlichsten Stufen. Ein Bereich im Militär ist die so genannte ABC- bzw. CBRN-Abwehr , also die Abwehr von chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Gefahren. Es geht zum Beispiel um die Frage, wie man präventiv tätig werden kann oder wie man sich im Falle eines bakteriologischen Angriffs verhält. Ein zentraler Aspekt des Militärs ist der extrem strukturierte Umgang mit Gefahrensituationen in allen Bereichen. Im Krisenfall lebt man ständig in dynamischen Lagen, die es nach Möglichkeit zu antizipieren gilt oder auf die man entsprechend reagieren muss. So gesehen ist das Militär ein Urvater der Agilität. Das ist auch ein Ansatz von WB Risk Prevention Systems. Wir übertragen Best-Practice-Methoden und -Tools aus anderen Bereichen und Branchen auf die jeweilige betriebliche Situation bei unseren Kunden. Wenige Prozesse sind zum Beispiel so klar strukturiert wie in der Luftfahrt der Check eines Flugzeugs vor dem Abflug. Wenn es die Lage erfordert, sollten gleichermaßen klar strukturiert bestimmte Checks in einem Unternehmen ablaufen. Dies geschieht jedoch oft nicht, da die verbundenen Risiken unterschätzt werden oder verfügbare Tools nicht bekannt sind.
Sie haben einige Jahre lang Technologie-Startups mitgegründet und aufgebaut. Taugen die Tools der Jungunternehmer für das Krisenmanagement?
Heinen: Die jungen Unternehmen gehen heute deutlich agiler mit betrieblichen Aufgabenstellungen um, als frühere Existenzgründer. Nehmen Sie das Beispiel Produktentwicklung: Die Softwarestartups bringen ein minimal überlebensfähiges Produkt an den Markt, ein so genanntes Minimum Viable Product (MVP), und testen es erst einmal. Mit Hilfe agiler Methoden, etwa der Scrum- Methodik, legen sie in Sprints fest, welche kurzfristigen Ziele als nächstes erreicht werden sollen. Davon kann man im Krisenmanagement und in der -prävention viel lernen. Man sollte konsequent dazu bereit sein, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Das gilt für jede Unternehmensgröße in egal welcher Branche. Wir bringen in unserem Team die selbst gemachten Erfahrungen und die Tools mit, um mit unseren Kunden Risiken zu erkennen und von vornherein zu vermeiden. Falls der Worst Case eintritt, helfen wir ihnen, den Überblick zu behalten. Mit klarem Kopf und klarem Verstand.
Kurz nach der Jahrtausendwende sorgten Bilanzskandale bei den US-Konzernen Enron und Worldcom für Schlagzeilen. Sie haben kurz darauf sechs Jahre lang für ein Fortune 500 Unternehmen in den USA gearbeitet und bauten dort federführend eine unternehmensweite Operational Audit Struktur auf, nachdem der amerikanische Gesetzgeber die Anforderungen an die internen Kontrollsysteme erheblich verschärft hatte.
Heinen: Als Konsequenz aus den Bilanzskandalen hat der Gesetzgeber damals mit dem Sarbanes-Oxley Act Unternehmen, die an amerikanischen Börsen gelistet sind, verpflichtet, bestimmte interne Kontrollsysteme im Bereich der Finanzen vorzuhalten. Bei dem Konzern mit 35.000 Mitarbeitern habe ich daraufhin mit mehreren Teams ein konzernweites internes Kontrollsystem aufgebaut und implementiert. Später habe ich für diesen Konzern eine unternehmensweite Operational Audit Struktur aufgebaut. In der Zeit haben wir uns sehr stark mit Risikoszenarien befasst. Wir hatten viele Zulieferer in Kalifornien, deshalb ging es zum Beispiel um die Frage, welche Auswirkungen ein Erdbeben oder auch eine Epidemie auf die Lieferketten haben könnten. In Südafrika haben wir Korruptionsfälle aufgeklärt. Diese Themen spielen alle in unsere Tätigkeitsfelder bei WB Risk Prevention Systems rein. Viele Unternehmen haben ein internes Kontrollsystem, betrachten aber viel zu wenig dessen Qualität. Es heißt dann z.B., wie jüngst bei Wirecard geschehen und durch einen namhaften Wirtschaftsprüfer testiert, dass ein Saldo geprüft worden sei. Dabei spielte es offenbar keine Rolle, wie weitgehend dieser Saldo auf Nachhaltigkeit geprüft wurde.
Was sind Kardinalfehler, die Unternehmen machen, mit Blick auf Krisen?
Heinen: Mit Blick auf das Risikomanagement sehe ich folgende Schwerpunkte: Erstens, nicht ausreichend über die wesentlichen Risiken nachzudenken. Zweitens, nach einer entsprechenden Analyse nicht vorbeugend tätig zu werden und drittens, beim Eintreten eines Risikos nicht konsequent zu handeln. Ein Beispiel: Wenn etwa bei einem Unternehmen alles darauf hindeutetet, dass Gelder veruntreut wurden und sich das Management trotzdem noch ein Jahr lang die Situation anschaut, ohne einzugreifen, bedeutet dies nicht nur einen wachsenden finanziellen Schaden, sondern sendet auch ein desaströses Compliance-Signal in das Unternehmen hinein.
Wie muss sich ein potenzieller Kunde von WB Risk Prevention Systems die Entwicklung einer Präventionsstrategie vorstellen?
Heinen: Gemeinsam mit dem Kunden verschaffen wir uns einen ganzheitlichen Überblick über die Situation des Unternehmens und werfen dabei Fragen auf, an die der Kunde möglicherweise noch nicht gedacht hat, die oft jedoch gravierende Chancen oder Risiken beinhalten können. Wir analysieren mit dem Kunden die Situation und erarbeiten schließlich auf Grundlage des ganzheitlichen Lagebildes adäquate Maßnahmen. Bedarfsweise helfen wir dem Kunden dann die daraus entstandene Punch List umzusetzen.
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